Das Depot aufbauen
– so investieren Sie richtig in ETFs
Der erfahrene Anleger kann jederzeit sein bestehendes Depot in seine neue Zielstruktur überführen, je früher umso besser. Wer weniger erfahren ist oder seinen Kapitalstock erst sukzessive aufbaut, aber auch derjenige, der derzeit über ein hohes Geldvermögen verfügt, welches angelegt werden soll, alle diejenigen sollten Methoden wie das Cost Averaging oder das Value Averaging in Betracht ziehen. Auch derjenige, der bisher immer das gekauft hat, was in der Vergangenheit 'gut gelaufen ist', wird mit diesen Methoden eine besserer Rendite erzielen.
Neustrukturierung eines bestehenden Depots
Wenn man heute bereits Erfahrung mit den entsprechenden Anlageklassen hat und entsprechend investiert ist, spricht natürlich nichts dagegen, seine Zielfonds direkt im entsprechenden Anteil zu erwerben und so bereits nach wenigen Stunden sein ETF-Portfolio komplett zu haben. Denn man kann nie früh genug seine Depot-Struktur professionalisieren und Kosten senken. Das Vorgehen entspricht in einem solchen Fall eher einer Neustrukturierung seines Depots als einem kompletten Neuaufbau.
Anders hingegen, wenn man bisher wenig Erfahrung hat, nicht nur hinsichtlich der Anlageklassen sondern insbesondere auch ungeübt ist, gegen den vorherrschenden (Anlage-) Trend zu handeln. Denn wenn man ‚frisches Geld’ ausgerechnet im Boom investiert, ist die zukünftig zu erwartende Rendite deutlich geringer, als wenn man sein Geld bei einer durchschnittlichen Bewertung der Börsen investiert oder gar während einer Krise. Doch gerade der Ungeübte dürfte kaum davon überzeugt sein, dass schlechte Börsenzeiten in Wahrheit gute Zeiten für zukünftige Renditen sind.
Bedenken Sie bitte, wie unendlich schwierig es ist, Stategien wie das Value-Investing bzw. das Contrarien-Investing umzusetzen, selbst wenn einem die Vorteile einleuchten: Sie müssen Anlagen kaufen, die jeder außer Ihnen für ein schlechtes Investment hält, Anlagen, mit denen Sie bei Ihren Freunden nur verständnisloses Kopfschütteln oder gar Spott ernten, ja, Sie müssen diese Chancen sogar meist selber finden, denn die Medien berichten lieber über Gewinner. Sich der Herde zu entziehen oder gar gegen die Herde zu handeln, ist uns nun mal nicht von Natur aus mitgegeben (vgl. Kapitel ,Psychologische Fallen').
Es gilt also, sich nicht gleich mit einem Kopfsprung in die Fluten zu stürzen sondern Schritt für Schritt vorzugehen.
Hier zwei Verfahren, die man hierzu in Betracht ziehen kann:
Cost Averaging
Beim Cost Averaging zahlt man regelmäßig einen bestimmten Betrag in sein Zielportfolio ein, z.B. jeden Monat € 300.- oder jedes Quartal € 4.000 und erwirbt entsprechende Indexfonds. So verteilen sich die entsprechenden Käufe über einen längeren Zeitraum; es stellt sich über alle Börsenzyklen ein mittlerer Preis ein: einmal hat man eine Anlage zu einem teuren Preisen gekauft, einige Monate später war die gleiche Anlage billiger. Doch noch besser: da sie immer den gleichen Betrag investieren, hat man in teuren Zeiten wenige Stücke, in billigen Zeiten für den gleichen Betrag deutlich mehr Stücke bekommen. Blickt man nach einigen Perioden zurück, so wird man feststellen, dass der durchschnittliche Preis aller Stücke leicht unterhalb des mittleren Preises der einzelnen Perioden liegt. Dies deshalb, weil mehr Stücke mit einem günstigen Preis im Gesamtbestand enthalten sind.
Ein Beispiel: Sie kaufen ETF A zu je € 120.-: im März zum Preis von € 10.- (12 Stück); im Juni zum Preis von € 15.- (8 Stück) und im Sept. zu € 5.- (24 Stück). Der Mittlere Preis der 3 Perioden ist € 10.- (gerechnet: (10+15+5)/3). Aber: Im Oktober besitzen Sie 44 Stück, für die Sie insgesamt 360.- bezahlt haben. Der Durchschnittspreis beträgt € 8,18 pro Stück.
Diese Methode 'automatisiert' sozusagen, sich entgegen dem Marktrend zu verhalten, und mehr 'einzukaufen', wenn die Anlagen billig sind. Wer bisher immer das gekauft hat, was in der Vergangenheit ‚gut gelaufen’ ist, für den ist diese Methode ein guter Einstieg um mit alten Angewohnheiten zu brechen und mit einem ungewohnten Stil Erfahrung zu sammeln.
ETF Sparpläne funktionieren nach dem Prinzip des Cost Averaging.
Value Averaging
Das Value Averaging wird erstmals von dem ehemaligen Harward Professor Edleson im Jahr 1988 beschrieben. Das Value Averaging investiert genau so viel jeden Monat, jedes Quartal, jedes Jahr, wie zur Erreichung eines definierten Ziels des Gesamtvermögens fehlt. In der einfachsten Form setzt man sich über einen längeren Zeitraum Zielwerte, welchen Vermögensstand (Wert) sein Depot zu bestimmten Zeitpunkten (monatlich, quartalsweise oder jährlich) erreicht haben soll. Den Differenzbetrag zwischen Zielwert und realem Depotwert schießt man zu und bringt den Wert seiner Gesamtanlagen auf den Zielwert. Ist die Wertentwicklung im Depot positiv, kann die am Stichtag zu investierende Summe reduziert werden. Damit wird bei teuren Kursen noch weniger gekauft, als beim Cost Averaging. Ist die Wertentwicklung im Depot negativ, sind die Anlagen im Wert gefallen, d.h. billiger geworden, ist für mehr Geld zuzukaufen. Gegenüber dem Cost Averaging werden noch mehr Stücke günstig erworben.
Diesen Effekt kann man noch weiter steigern, in dem man das ‚neue Geld’ nicht gleichmäßig über alle Anlagen verteilt, sondern so investiert, dass jede der Anlageklassen auf Zielanteil gebracht wird. D.h., Anlagen, die sich im Vergleich zu anderen Anlagen schlechter entwickelt haben, werden vermehrt zugekauft, die ‚Performer’ im Depot unter Umständen gar nicht. Dadurch wird außerdem zu jedem Stichtag bereits implizit ein Rebalancing durchgeführt – und zwar mit neuem Geld. Ein turnusmäßiges Rebalancing kann oft entfallen, was wiederum Kosten spart.
Bernstein (2001) schätzt die Vorzüge des Value Averaging, quasi als eine Kombination aus Cost Averaging und Rebalancing. Marshall (2000) zeigt, dass das Value Averaging dem Cost Averaging überlegen ist. Soll ein größerer Geldbetrag angelegt werden, so empfiehlt Edleson, die Investitionen über einen Zeitraum von 3 Jahren zu verteilen, z.B. quartalsweise oder halbjährlich.
Ein Beispiel: Entsprechend Ihres Finanzplanes soll Ihr Vermögen von heute € 10.000 bis zum Ende des kommenden Jahres auf € 16.000 angewachsen sein, d.h. Sie wollen im kommenden Jahr ca. € 6000.- sparen. Auf den einzelnen Monat heruntergebrochen ergeben sich folgende Zielwerte für das Vermögen: im Januar € 10.500.-, im Februar 11.000, im März € 11.500.- usw.. Fällt nun der Wert des Depots zu Ende Jan. auf 9.900.-, sind € 600.- einzuzahlen um den Zielwert per Ende Jan. zu erreichen. Steigt der Depotwert zu Ende Feb. auf € 10.800.-, sind nur € 200.- zuzuführen, usw.. Natürlich sollten Sie auch in diesem Monat € 500.- sparen, aber eben € 300.- nicht anlegen sondern als (Geld-) Reserve halten für Monate, an denen Sie ggf. mehr als die geplanten € 500.- zuführen müssen. (Sollten Wertpapiere so stark im Wert steigen, dass das Zielvermögen überschritten wird, empfiehlt Edleson, Vermögensüberhänge zu liquidieren und später dem Portfolio wieder zuzuführen. Dies sei der Vollständigkeit halber erwähnt aber nicht unbedingt angeraten, da eine doch recht zuverlässige Schätzung der zukünftigen Renditen erforderlich ist).
In ‚Schritt 3’ haben wir deutlich gemacht, wie wichtig es ist, ein konkretes finanzielles Ziel zu verfolgen. Wer ein konkretes Ziel verfolgt, hat eine gute Chance diszipliniert zu handeln und psychologische Fallen zu meiden. So kann man nicht nur ein besseres Anlageergebnis erzielen, sondern letztlich seinen Lebenstraum auch tatsächlich erreichen. Das Value Averaging ist ein gutes Beispiel, wie aus einem finanziellen Ziel, welches vielleicht noch viele Jahre entfernt sein mag, ganz konkretes Handeln im nächsten Monat wird.
Zuletzt für denjenigen, der es sich zutraut oder zum Üben mit kleinen Summen:
Markteinbrüche nutzen und beherzt zugreifen
‚Ein Crash ist kein Desaster, sondern die Chance Ihres Lebens’, wie es Investor-Legende Warren Buffett ausdrückt. Markteinbrüche sind die Kaufgelegenheit, auf die Sie als erfahrener Anleger so lange und geduldig gewartet haben. Jetzt wird Ihre Geduld belohnt. – Für jeden erfolgreichen Anleger ist es wichtig eine solche Sicht zu verinnerlichen. Dies ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, psychologische Barrieren zu überwinden und diese seltenen Chancen tatsächlich für sich zu nutzen. Vielleicht können Bilder helfen die eigne Psyche zu überlisten. Denken Sie beispielsweise an die schwäbische Hausfrau: kaufen Sie die Kartoffeln, wenn sie billig sind, sozusagen im Sonder-Angebot. Oder halten Sie sich an die alte Kaufmannsregel: ‚Im (günstigen) Einkauf liegt der Segen’.
Viele Experten gehen davon aus, dass es zunehmend häufiger zu ausgeprägten, kaum rational nachvollziehbaren Kursausschlägen an den Märken kommen wird. Grund hierfür ist unter anderem der automatisierte, computergestützte Handel, aber auch die technischen Analysten, die Chartdeuter, die einen immer größeren Anteil am gesamten Handelsvolumen einnehmen: übersteigen Kursverluste eine bestimmte, vordefinierte Höhe, werden automatisch bestehende Positionen verkauft (sogenannte stopp loss oders) um weitere Verluste zu vermeiden. Dies drückt die Kurse weiter, weitere stopp loss Marken werden gerissen was weitere Verkäufe auslöst. Trendfolgemodelle, auch diese werden immer beliebter, signalisieren dann möglicher Weise eine Trendumkehr (Kurse durchbrechen einen Kurskorridor nach unten) – und lösen wiederum Verkäufe aus. Und sind die Kurse erst einmal massiv am fallen, halten sich potentielle Käufer zunächst einmal zurück.
Doch im Crash legen Sie die Basis für künftige, außergewöhnliche Gewinne. Wenn die Medien das schwärzeste Schwarz malen… (‚Wenn die Kanonen donnern…’ wie Börsenlegende Andrè Kostolani es formulierte), wenn die Massen aus den Aktien flüchten,... dann laufen Sie in die Gegenrichtung – doch nicht zu früh.
Denken Sie daran: ‚Wer das macht, was die Mehrheit macht, bekommt das, was die Mehrheit bekommt: einen schlecht bezahlten Arbeitsplatz, ein Leben in Angst vor Arbeitslosigkeit und eine Rente knapp über dem Existenzminimum.’
Im Crash ist investieren einfach – jetzt ist alles ‚billig’. Und – Sie ahnen es bereits: Wir lieben das Einfache!
Bietet sich eine Gelegenheit, dann nutzen Sie diese beherzt um Ihr Zielportfolio frühzeitig komplett einzurichten.
Sie sehen: Begrüßen Sie das Auf und Ab an der Börse! (Verhindern können sie es sowieso nicht). Volatilität und Blasen bzw. das Platzen von Blasen, Übertreibungen der Märkte in beide Richtungen, können ein Turbo für Ihre zukünftigen Gewinne sein - was wir beim Thema Rebalancing noch ausführlicher betrachten werden.
Sie sind nun am Ende von Schritt 5 und haben sich ausführlich damit beschäftigt, wie Sie Ihr persönliches Depot aufbauen können. Im letzten Schritt, Schritt 6, erfahren Sie, wie Sie Ihr Depot die kommenden Jahre auf Kurs halten und Ihre Strategie konsequent über viele Jahre erfolgreich verfolgen.
Entweder zuerst zum Überblick von
Schritt 6: Das Depot erfolgreich managen.
Oder gleich weiter und im ersten Kapitel von Schritt 6 lesen:
Mit Rebalancing das Depot auf Kurs halten und eine Extra-Rendite einfahren.
Literaturhinweise
Bernstein, William J., 2001, The Intelligent Asset Allocator’, McGraw-Hill.
Edleson, Michael E., 2006, Value Averaging: The Safe and Easy Strategy for Higher Investment Returns, Wiley Investment Classics.
Marshall, Paul S., 2000, A Statistical Comparison of Value Averaging vs. Dollar Cost Averaging and Random Investment Techniques’, Journal of Financial and Strategic Decisions 13 (1): 87–99.