ETF und ETCs – Das sollten Sie bei der Auswahl beachten
ETFs und ETCs gelten als kostengünstig, einfach und transparent. Sie garantieren dem Anleger grundsätzlich die Rendite des entsprechenden Marktes und sind damit das ideale Angebot für eine Anlagestrategie 'ohne Wetten'. Doch was einmal einfach und transparent begann, ist inzwischen durch viele ‚Innovationen’ der Finanzbranche entstellt. Inzwischen gibt es ETFs, die mit den ursprünglichen Prinzipien nicht mehr viel gemeinsam haben. Es lauern Fallen, die man jedoch leicht meiden kann, wenn man wenige, einfache Kriterien bei der Auswahl berücksichtigt.
Wer sich auf große, volumenstarke ETFs beschränkt, die einen Index bekannter Indexfamilien abbilden (vgl. Kapitel ‚Den richtigen Index wählen’), kann im Grunde nicht viel falsch machen. Private Selbstanleger sollten daher nicht zuviel Aufwand bei der Auswahl des ETF betreiben, denn die größten Potentiale im Portfolio sind bereits gehoben:
- In ganze Anlageklassen investieren, damit breit diversifiziert;
- Eine Portfoliostruktur, welche der persönlichen Rendite-/Risikopräferenz entspricht;
- Kosten minimieren; d.h. sich grundsätzlich für ETFs entscheiden und so wenig wie möglich zu handeln.
Wer allerdings ‚den besten’ ETF sucht, muss etwas mehr Aufwand betreiben.
Auswahlkriterien bei ETFs
Die Kriterien zur Auswahl eines ETFs orientieren sich an den Zielen des privaten Anlegers:
- Performance, d.h. Rendite im Vergleich zum Vergleichsindex: Minimale Minderrenditen, maximale Überrenditen im Vergleich zum abgebildeten Index,
- ein Rendite-/Risiko-Profil, welches zuverlässig dem des abgebildeten Index entspricht,
- gute Handelbarkeit und minimale Handelskosten,
- außer dem Marktrisiko keine eignen, strukturellen (Produkt-) Risiken.
1. ETF Rendite Vergleich
ETFs können sich darin unterscheiden, wie genau und wie effizient Fondsmanager einen bestimmten Index nachvollziehen. Hinsichtlich der Rendite kommt es somit weniger auf die absolute Höhe an, welche weitestgehend durch die Marktentwicklung geprägt ist, sondern auf die Rendite im Vergleich zum Index (Tracking Differenz). Ist die Tracking Differenz positiv, entwickelt sich der ETF besser als der Vergleichsindex. Ist die Tracking Differenz negativ, schneidet der ETF im Vergleich zur Benchmark schlechter ab.
Für einen Renditevergleich können auch andere ETFs herangezogen werden, die den gleichen Index ‚tracken’.
Bei einem Vergleich der Renditekennzahlen ist es übrigens unerheblich, ob ein ETF ausschüttend oder thesaurierend ist: Ausschüttungen werden in der Regel berücksichtigt, d.h. sie sind in der Renditekennzahl in der Regel inkludiert (BVI-Methode).
Die Renditedifferenz zeigt in Summe die Wirkung gleich mehrerer Faktoren, deren Informationen teilweise nur schwer, manchmal gar nicht zu recherchieren sind:
- die Gesamtkosten des ETFs – auch diejenigen Kosten, die nicht in der TER enthalten sind, sowie
- die Weitergabe von Dividenden und anderen Erlösen, wie z.B. aus Leihegeschäften.
ETFs, die sehr effizient agieren sowie Dividenden und sonstige Erlöse dem Fondsvermögen gutschreiben, sollten eine bessere Renditedifferenz erzielen können. Allerdings könnte eine zu einem bestimmten Stichtag beobachtete Tracking-Differenz auch einer ‚natürlichen’ Schwankung in der Abbildungsqualität geschuldet sein, gemessen als Tracking Error. Ist der Tracking Error gering, so ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die erwartbare Rendite recht nahe der beobachteten Rendite liegt. So kann der Tracking Error als Indikator für die Verlässlichkeit der beobachteten Renditedifferenz verstanden werden.
Drei Komponenten der Rendite im Einzelnen:
1) ETF Kosten Vergleich
Die Höhe der Kosten ist entscheidend für die Performance eines Fonds, nicht nur bei einem aktiv gemanagten Fonds, sondern auch bei Index-Funds / ETFs ‚Higher expenses are associated with lower performance.’ Prof. Elton, 1993 (vgl. Elton et al., 1993 sowie 2004; siehe auch das Kapitel ‚Investmentfonds sind Ihr Geld nicht wert’).Je geringer die Kosten eines Fonds, umso höher ist die Rendite, die ein Anleger erreichen kann. Je geringer die Kosten in einem Indexfonds, umso wahrscheinlicher ist es, dass der Fondsmanager die Renditelücke zum Index schließen kann oder diese gar zu übertreffen vermag.
Bezüglich der Managementgebühr verlangen ETFs meist nur einen Bruchteil der Gebühren im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds, oft nur ein Zehntel. Beispielsweise kann man in den deutschen Aktienmarkt über einen Dax-ETF zu Kosten von 0,15% per anno investieren, oder über einen Deutschland Fond, bei dem ein Fondsmanager über Auswahl und Gewichtung der Aktien entscheidet, zu Kosten von 1,5%. Um wenigstens die Marktrendite zu erzielen, muss der aktive Fondsmanager durch seine Entscheidungen 1,5 Prozentpunkte aufholen, – Jahr für Jahr, und hat dann noch nicht einmal einen Mehrwert erzielt. Eine Aufgabe, an der die meisten Fondsverwalter scheitern. Der Manager eines Indexfonds muss lediglich 0,15 Prozentpunkte aufholen um die Marktrendite (= Rendite des Index) zu erzielen.
Der Kostenvorteil von synthetischen Fonds gegenüber replizierenden Fonds ist demgegenüber mit ca. 0,1 bis 0,2 Prozentpunkten vergleichsweise gering, wenn überhaupt. Oft ist der Kostenunterschied für vergleichbare ETFs zwischen verschiedenen Anbietern größer, als der Unterschied zwischen synthetisch und replizierend.
2) ETF - Dividenden, Zinserträge und sonstige Erlöse
Dividenden und Zinserträge, die einem Fonds zufließen, müssen dem Fondsvermögen gutgeschrieben werden, kommen somit dem Anleger zu Gute.
So sollte ein physisch investierter ETF, der einen Preis-Index abbildet (wie z.B. den EuroStoxx), durch die vereinnahmten Dividenden stets bessere Renditen erzielen können als sein Vergleichsindex. Anders bei synthetischen Fonds: Da die Wertentwicklung vom Swap-Partner garantiert wird, fließen dem Fonds selber keine Dividenden zu. Es liegt alleine im Ermessen der Fondsgesellschaft bzw. des Swap-Partners, ob und in welchem Umfang Dividenden weitergegeben werden.
Werden Indizes auf Basis von Nettodividende (oder gar Bruttodividende) abgebildet, ist die Dividende bereits in der Wertentwicklung des Index inkludiert. Physisch abbildende Fonds können somit nicht mehr die Dividende nutzen, um die Kosten des ETF zu kompensieren. Physisch abgebildete Fonds können aber noch andere Erlöse erzielen, zum Beispiel aus Leihegeschäften. Der Fonds verleiht die gehaltenen Wertpapiere, beispielsweise an Hedgefonds, und erhält hierfür eine Gebühr. In welchem Umfang Leihegeschäfte getätigt werden und zu welchem Anteil die Erlöse dem Fondsvermögen gutgeschrieben werden, wenn überhaupt, liegt aber alleine im Ermessen der Fondsgesellschaft. Auf Anfrage erteilen die meisten Fondgesellschaften Auskunft über ihre aktuelle Praxis, eine verbindliche Zusage über die Zukunft lässt sich daraus aber meist nicht ableiten.
Wo physisch nachgebildete Fonds nur die Nettodividende vereinnahmen (Dividende nach Abzug von Steuern), können synthetische ETFs auch die Wertentwicklung eines Index auf Basis Brutto-Dividenden nachvollziehen. Dies ist für den Anleger allerdings nur dann interessant, wenn die tatsächliche Rendite des ETF nicht hinter dem Index zurückbleibt (negative Tracking Differerenz). Auch dies zeigt ein Renditevergleich.
3) Tracking Error – die Schwankungsbreite der Renditedifferenz
Der Tracking Error ist eine Kennzahl für die Qualität der Indexnachbildung. Er misst, wie gut der ETF den Index nachbildet, gemessen als Standardabweichung zwischen Wertentwicklung von Index und ETF. So beschreibt der Tracking Error, wie weit sich die Wertentwicklung des ETF im Mittel von der Wertentwicklung des Index entfernt.
Häufig wird der Tracking Error als eines der wesentlichsten Kriterien für die Auswahl eines ETF genannt. Es gibt allerdings Gründe, die die Bedeutung des Tracking Errors für den Privatanleger relativieren:
1) Auch wenn der ETF sich besser entwickelt als der Index, belastet das den Tracking Error. Für den Anleger ist aber ausschließlich eine negative Abweichung schädlich; eine positive Abweichung dagegen willkommen.
2) Abweichungen sind immer eine Momentaufnahme: eine Abweichung heute, kann morgen schon wieder egalisiert sein. Der langfristig orientierte Investor dürfte Wertschwankungen im Vergleich zum Index in seinem Depot kaum spüren.
3) Die meisten ETFs bieten eine hinreichend gute Abbildungsqualität. Lediglich bei kleinen Anbietern und für exotische Märkte und Nischen kann sich ein Blick auf den Trecking Error lohnen.
Da die Kapitalanlagegesellschaften in der Regel ihr Handwerk verstehen, sollte der Tracking Error nur in Ausnahmefällen zum Ausschluss eines ETF oder ETC führen.
Exkurs
Können ETFs ihren Vergleichsindex schlagen?
Im Vergleich zu einem Preis-Index, wie beispielsweise dem Euro-Soxx, sollte ein guter ETF stets besser abschneiden können, d.h. er sollte seine Benchmark schlagen können, da bereits die vereinnahmten Dividenden die Kosten des Fonds mehr als kompensieren sollten. Der Anleger darf dies erwarten, egal ob der ETF thesaurierend oder ausschüttend, ob er synthetisch oder physisch abgebildet ist (vgl. Heidorn et al., 2010).
Anders bei sogenannten Performance-Indizes, wie beispielsweise dem Dax, bei denen die Nettodividenden bereits in die Indexentwicklung eingerechnet sind. Bei physischer Abbildung bleiben dem ETF nur ‚sonstige’ Einnahmen, wie z.B. aus Leihegeschäften, um die Kosten des Fonds zu kompensieren. Synthetisch abgebildete Fonds haben es theoretisch leichter die Indexrendite zu erreichen. Da die Wertentwicklung über ganz andere Konstrukte nachvollzogen wird, können nicht nur Nettodividenden, sondern sogar Indizes auf Basis von Bruttodividenden abgebildet werden.
Handlungsoption für den privaten Anleger
Am Ende zählt, was unterm Strich übrig bleibt – und das zeigt der Renditevergleich.
Interessant ist der ETF, der nach Kosten, Dividenden- und Leihepolitik die beste reale Rendite erwirtschaftet (egal ob ein Preis-, Netto, oder Bruttoindex die Bezugsgröße ist). So kann man sich umfangreiche detektivische Recherchen sparen.
ETFs, die eine positive Renditedifferenz über mehrere Perioden aufzeigen und zudem durch einen geringen Tracking Error erkennen lassen, dass dies nicht reiner Zufall war, sollten auch in Zukunft vorne liegen.
Steht kein Index und/oder kein anderer ETF auf den gleichen Index für einen Performance-Vergleich zur Verfügung, ist Vorsicht geboten! Möglicher Weise handelt es sich um einen ‚Hausindex’ – einen Index, den die Fondsgesellschaft selber ‚erfunden’ hat und dessen Bildungsregeln (und verrechnete Kosten) höchst intransparent sein können. Unter Umständen kann sogar ein aktiv verwalteter Korb von Anlagen als Basis für den Index dienen, den der ETF dann ‚passiv’ nachvollzieht: ein aktiver Fonds im ETF-Mantel.
2. ETF - Liquidität und Geld-Brief Spanne
Die Handelbarkeit der Fondsanteile (‚Liquidität’) ist ein Kriterium, welches ebenfalls gleich aus mehreren Gründen wichtig ist:
- Anteile wirklich jederzeit kaufen und verkaufen können
- Geringe Transaktionskosten (Geld – Brief Spanne)
- Geringe Market Impact Kosten
Zunächst bedeutet Handelbarkeit, ob man an der Börse überhaupt zu jeder Zeit auf ausreichend Käufer / Verkäufer für einen Auftrag trifft. Im Weiteren verbirgt sich hinter ‚Liquidität’ vor allem ein Kostenfaktor. Ein Blick auf die sogenannten Spreads, der Differenz zwischen An- und Verkaufskurs (Geld-Brief Kurse), kann lohnen. ETFs auf die gleichen Indizes können je nach Emittent 1% Spread haben, aber auch 3% und mehr.
Market Impact Kosten werden regelmäßig von der Deutschen Börse (z.B. 2013, XLM) für eine Vielzahl von ETFs ermittelt. Je nach Liquidität können Kosten durch die Marktbeeinflussung des eigenen Auftrages von ca. 0,1% bis 2% entstehen, aber auch Werte von über 6% sind beobachtet worden (Kosten für Kauf und Verkauf bei einem Auftrag von € 25.000.- bei sofortiger Ausführung).
Woran erkennt man eine gute Handelbarkeit?
- Das Volumen des Fonds ist in der Regel ein guter, und zudem verfügbarer Indikator; ebenfalls
- das Handelsvolumen (Anzahl und Volumen der Transaktionen am jeweiligen Börsenplatz).
Handlungsoption für den privaten Anleger
Vergleicht man ETFs, können die Kosten mangelnder Liquidität deutlich höher sein, als die Unterschiede bei den jährlichen Kosten (TER). Ein größerer und umsatzstärkerer Fonds bietet in der Regel eine bessere Liquidität, als ein kleinerer, umsatzschwacher Fonds. Außerdem empfiehlt es sich mit Limit bei Kauf und Verkauf zu arbeiten.
3. Strukturelle Risiken von ETFs
Physische Nachbildung (Full Replication) oder synthetische Nachbildung bei ETFs – eben nicht nur Geschmackssache
Je nach Methode der Indexnachbildung, physische, auch replizierende Nachbildung genannt, oder synthetische Nachbildung, tragen ETFs unterschiedliche strukturelle Risiken, wie im letzten Kapitel ‚Über ETFs, ETCs, und Indexfonds’ ausführlich dargestellt.
Synthetische ETFs tragen ein strukturelles Risiko hinsichtlich der Bonität des Swap-Partners sowie hinsichtlich der Werthaltigkeit der gestellten Sicherheiten, insbesondere im Krisenfall.
Physisch nachgebildete ETFs tragen ein (Rest-) Risiko aus Leihegeschäften, wenn denn solche Geschäfte getätigt werden.
Handlungsoption für den privaten Anleger
Auch wenn sie ggf. etwas teurer und ungenauer sein sollten, verständlicher, transparenter und sicherer sind die replizierenden ETF im Vergleich zu synthetischen ETF auf jeden Fall. In einer Welt, in der es nur synthetische ETFs gäbe, würde man sich den physischen ETF wohl wünschen. AnlegerCampus Im Depot dürfte man sein Risiko minimieren, indem man physischen ETFs den Vorrang gibt und synthetische nur dort einsetzt, wo physische nicht abbildbar sind oder ein deutlicher Mehrwert das höhere Risiko rechtfertigt.
Synthetische können einen Renditevorteil versprechen, z.B. in dem sie angeben, einen Bruttodividendenindex abzubilden. Allerdings ist zu überprüfen, ob die tatsächliche Rendite auch der Wertentwicklung des Bruttoindex entspricht, und nicht durch eine negative Tracking-Differenz permanent zunichte gemacht wird. Was nutzt ein ‚Brutto-Tracker’, der Jahr für Jahr ‚underperformt’? Gelingt es synthetischen ETFs die Rendite eines Brutto-Dividenden-Index zu liefern, kann die Extra-Rendite als eine Entschädigung für das höher einzuschätzende Risiko der Abbildungsmethode verstanden werden.
Literaturhinweise
Deutsche Börse, März 2013, monatlicher Newsletter ‚Facts & Figures’. Auch in: ETF-Magazin, März 2013, FOCUS Magazin Verlag GmbH, München.
Elton, E.J., Gruber, M.J., Das, S., Hlavka, M., 1993, Efficiency with Costly Information: A Reinterpretation of Evidence from Managed Portfolios, Review of Financial Studies, 6 (1), Seite 1-22.
Elton, E.J., Gruber, M.J., Busse, J.A., 2004, Are Investors Rational? Choices among Index Funds, Journal of Finance, 59 (1), Seite 261-288.
Heidorn, Th., Winker, M., Löw, C., 2010, Funktionsweise und Replikationstil europäischer Exchange Traded Funds auf Aktienindices; Frankfurt School of Finance & Management, Workingpaper No. 139, April.