Buffett oder Markowitz?
Konzentrieren oder diversifizieren?
Je nach dem, ob man von einer sicheren oder von einer unsicheren zukünftigen Entwicklung ausgeht, empfehlen sich grundsätzlich unterschiedliche Anlagestrategien: wenn die Zukunft sicher ist, erzielt man das beste Ergebnis, indem man all sein Geld in die erfolgreichste Anlage investiert (die Gelder konzentrieren bzw. Konzentrationsstrategie). Ist die Zukunft aber unsicher, erzielt man ein besseres Anlageergebnis, wenn man seine Anlagen streut (diversifizieren bzw. Diversifikationsstrategie). Warren Buffett und Henry M. Markowitz sind die wohl profiliertesten Protagonisten dieser jeweiligen „Schulen“.
Warren Buffetts Investment-Strategie optimiert das Anlageergebnis, wenn die zukünftige Entwicklung sicher ist
Warren Edward Buffett, geboren am 30. August 1930 in Omaha, Nebraska, hat es als Unternehmer und Investor zu einem Privatvermögen von ca. 50 Milliarden US-Dollar (Forbes, 2011) gebracht und gilt als der drittreichste Mensch der Welt. Ganz nach dem Motto ‚Zu viel des Guten ist einfach wunderbar’ konzentriert Buffet seine Investitionen auf wenige Unternehmen, deren positiver Entwicklung er sich absolut sicher ist. Diese Sicherheit erreicht Buffet, in dem er einerseits die Anlagephilosophie seines Lehrers Prof. Benjamin Graham (Columbia University, New York), des ‚Vaters’ der fundamentalen Analyse, mit qualitativen Elementen (wie z.B. Fähigkeiten und Integrität des Managements, Qualität des Geschäftes) kombiniert. Wer 1964 einen Dollar in sein Investment-Unternehmen Berkshire Hathaway investiert hat, blickt in 2010 auf ein Vermögen von nahezu 5000 Dollar. Damit erzielt Buffett über einen Zeitraum von 36 Jahren eine durchschnittliche, jährliche Verzinsung von über 20%. Zum Vergleich: der amerikanische Aktienindex S&P 500 rentierte in der gleichen Zeit mit durchschnittlich 6,7%.
Buffet zeichnet unter anderem aus:
- nur in Unternehmen und Branchen zu investieren, deren Geschäftsmodell er selber versteht, selber analysieren und selber beurteilen kann,
- mit Geduld auf die richtige Gelegenheit zu warten – oft jahrelang: das hervorragend positionierte Unternehmen zu identifizieren, mit einem Management von deren Qualität man sich persönlich überzeugt hat, zu einem äußerst günstigen (unterbewerteten) Kaufpreis, d.h. zu einem Zeitpunkt, in dem alle anderen Investoren den wahren Wert des Unternehmens nicht erkennen,
- Markteinbrüche als Kaufgelegenheiten zu sehen (bzw. als Gelegenheit, bereits bestehende Beteiligungen zu erhöhen), weil jetzt Unternehmen „unter Wert“ zu haben sind.
So wundert es nicht, wenn Warren Buffett zu dem Schluss kommt, dass niemand mehr als 20 Investitionsentscheidungen in seinem ganzen Leben treffen sollte (weil sich solch günstige Gelegenheiten kaum häufiger einstellen dürften). Buffett rät: ‚Wenn Sie von starken Geschäftsaussichten absolut überzeugt sind, ergänzen Sie lieber eine bereits vorhandene Position, als Ihrem Portfolio die fünfzehnte oder zwanzigste Position hinzuzufügen.’ (Pradoe/ Döbert, 2005).
Wenn man sich absolut sicher ist (Entscheidungen unter Sicherheit), führt eine Konzentration auf wenige Anlagen (Konzentrationsstrategie) zu höheren Renditen, als seine Anlagen breit zu streuen (Diversifizieren). Das Geld auf mehrere Anlagen zu verteilen, wie beim Diversifizieren, würde die sichere Rendite nur verwässern. Das Verlockende an der Konzentrationsstrategie sind die phänomenalen Gewinnaussichten. Ein Risiko hat man ja nicht – man ist sich ja sicher.
Private Anleger können sich aber kaum absolut sicher sein. Und verwechseln Sie bitte nicht ‚Sicherheit’ mit ‚Erwartung’ oder ‚Hoffung’. Wir alle treffen in der Regel Entscheidungen unter Unsicherheit. Selbst Finanzprofis, die mit ausgefeilten Modellen und leistungsstarken Computern nach aussichtsreichen Unternehmen suchen, versuchen im Grunde lediglich, die Unsicherheit etwas zu reduzieren – und empfehlen konsequenter Weise eine Diversifikation in viele ‚chancenreiche’ Unternehmen.
Mag eine erfolgreiche Konzentrationsstrategie zu höheren Renditen führen, so sagt dies noch nichts über die Wertschwankungen, denen ein Portfolio mit nur wenigen Aktien kurzfristig unterliegen kann. Kaum ein privater Anleger dürfte hohe Wertschwankungen emotional durchstehen, und damit auch kaum die höhere Rendite einer erfolgreichen Konzentrationsstrategie für sich persönlich realisieren.
Markowitz' Moderne Portfoliotheorie optimiert das Anlageergebnis unter der Annahme einer unsicheren Zukunft
Privatanleger (und übrigens auch fast alle Finanzprofis) legen ihr Geld erfolgreicher an, wenn Sie eine unsichere Zukunft unterstellen: in diesem Fall führt ein gut diversifiziertes Portfolio nicht nur zu besseren Renditen, sondern auch zu geringeren Wertschwankungen des Gesamtportfolios. Dies ist die wesentliche Erkenntnis der Modernen Portfoliotheorie, die Harry M. Markowitz in den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts veröffentlichte und für die er 1990 mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde. Markowitz’ Moderne Portfoliotheorie optimiert das Anlageergebnis unter der Annahme einer unsicheren Zukunft.
,Geht man aber davon aus, dass die Zukunft grundsätzlich unsicher ist, für jeden, dann kann man sich den teuren Experten sparen und stellt sich stattdessen kostengünstig ein gut diversifiziertes Portfolio aus Indexfonds zusammen.' AnlegerCampus Die meisten Anleger drücken sich – bewusst oder unbewusst – um eine klare Entscheidung für die eine oder andere Anlagestrategie herum. Einerseits engagieren sie teure Fondsmanager und Vermögensverwalter, die anschließend die Gelder in eine Vielzahl von Einzeltitel streuen - und damit implizit zum Ausdruck bringen, dass sie die erfogversprechendsten Aktien wohl doch nicht so treffsicher bestimmen können. Das Anlageergebnis ist suboptimal.
Geht man aber davon aus, dass die Zukunft grundsätzlich unsicher ist, für jeden, dann hilft einem auch der (teure) Experte nicht weiter und man stellt sich stattdessen kostengünstig ein gut diversifiziertes Portfolio aus Indexfonds zusammen.
Hier möchten wir ihnen eine erste, ganz grundsätzliche Entscheidung nicht ersparen: Wenn Sie der Meinung sind, dass sich zukünftige Entwicklungen vorhersehen lassen, dann sollten Sie an dieser Stelle die Lektüre beenden. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg bei der Konzentration ihrer Gelder auf den Gewinner des kommenden Monats, des kommenden Jahres, der kommenden Dekade.
Wenn Sie sich aber der Meinung anschließen, dass die Zukunft grundsätzlich unsicher ist – gerade auch für Profis, dann erfahren Sie in den folgenden Kapiteln, wie ein nach den Grundsätzen der Modernen Portfoliotheorie diversifiziertes Portfolio in jeder denkbaren Zukunft ein vernünftiges Anlageergebnis erzielen kann.
Sie können oder wollen sich noch nicht entscheiden? Zugegeben: 'zocken' macht ja auch Spass und man hat im Freundeskreis oder am Stammtisch etwas zu erzählen. Dann eröffnen Sie doch ein separates 'Zockerdepot' mit 5% oder 10% Ihres Vermögens. So können Sie auch vergleichen, ob es Ihnen über mehrere Jahre gelingt ein besseres Ergebnis zu erzielen, als Ihr gut diversifiziertes Basisinvestment 'ohne Wetten'.
Lesen Sie im nächsten Kapitel:
Asset Allocation – Das macht die Vermögensanlage so einfach
Literaturhinweise
Pardoe, J., Döbert, B., 2005, So macht es Warren Buffett, Linde Verlag Wien.
Schroeder, A., 2008, The Snowball, 2008, Bloomsbury Publishing.