Die Style - Indizes:
den Small-Cap- und Value-Effekt abbilden
Während sich der Small Cap- Effekt recht gut mit Indizes abbilden lässt, ist dies beim Value- Effekt nicht ganz so einfach. Denn als Anleger ist man darauf angewiesen, wie die Indexanbieter diese Segmente definieren. Die Unterschiede sind teilweise erheblich und nur selten stimmt die Definition des Indexanbieters mit den wissenschaftlichen Studien überein, die den entsprechenden Effekt nachgewiesen haben.
Welcher Index erfasst also den Small-Cap und Value- Effekt am besten? Vielleicht noch wichtiger für den Anleger: Ist der Index so konstruiert, dass man überhaupt auf Basis abgesicherter Erkenntnisse investieren kann? Die Datenhistorie ist oft unzureichend und vieles, was intuitiv plausibel klingt, kann sich im Portfolio ganz anders verhalten.
Den Small Cap Effekt mit Indizes adressieren
Was ‚kleine’ Unternehmen sind, wird von den Indexanbietern unterschiedlich definiert. MSCI betrachtet als ‚Small Caps’ die unteren 15% der global investierbaren Marktkapitalisierung, wohingegen FTSE die kleinsten 10% als ‚Small Caps’ definiert. In den empirischen Studien der Wissenschaft werden meist ebenfalls die 10% der kleinsten Unternehmen herangezogen, um den Small Cap Effekt zu untersuchen. Das heißt nicht, dass der eine oder andere Index besser ist. Es kann sich aber eine unterschiedliche Performance einstellen.
Small Caps in der Indexfamilie von MSCI
MSCI bildet in der ‚Standard’-Version ihrer Indizes die Entwicklung großer Unternehmen (Large Caps) und mittelgroßer Unternehmen (Mid-Caps) der jeweiligen Märkte ab, deckt so ca. 85% der Marktkapitalisierung ab. Ist ein Index von der Fondsgesellschaft nicht näher bezeichnet, ist fast immer die ‚Standard’-Version gemeint. Fügt MSCI die kleinen Unternehmen (Small Caps) hinzu, bezeichnen sie den Index als IMI (Investable Market Index) mit einer Abdeckung von ca. 99% des Marktes.
Der noch recht neue Micro Cap Index ist nur für die 'Developed Markets' (Industrieländer) verfügbar und erweitert das Universum ‚nach unten’ um 5000 kleinere Unternehmen (max. 1% der Marktkapitalisierung).
Wer Small Caps nicht separat ins Depot nimmt, sollte nach MSCI Aktienindizes in der Variante IMI Ausschau halten. Wer Small Cap Indizes separat dem Depot hinzufügt, kann dies überschneidungsfrei in einer Kombination mit einem ‚Standard’- Index tun.
Die Performance der Small-Cap Indizes
Der Small-Cap Effekt ist mit Indizes recht gut abbildbar. Kommer (2011) berechnet den Rendite-Vorteil kleiner Unternehmen im Vergleich zu großen Unternehmen auf Basis realer Indizes und jeweils für die maximal verfügbare Datenhistorie (in Prozentpunkte pro Jahr, vor Kosten und Steuern):
- Deutschland: 4,7 (MSCI Small Cap minus Dax, 2001 – 2010)
- Schwellenländer: 1,2 (MSCI EM Small Cap minus MSCI EM, 1994-2010)
- USA: 1,7 (DFA Small Cap Index minus S&P 500, 1926-2010)
Den Value - Effekt mit Indizes adressieren
Was die Theorie verspricht (vgl. Kapitel Rendite stärken - Anomalien nutzen/Der Value Effekt), ist mit den verfügbaren Value-Indizes nicht ganz so einfach abzubilden. Jeder Indexanbieter definiert nach eigenen Vorstellungen, was ‚Value’, und was ‚Growth’ ist. So werden zunehmend mehr Kennzahlen in komplexen Verfahren kombiniert, aber auch die Größe des Segmentes recht unterschiedlich geschnitten. Damit entfernt man sich teilweise deutlich von der Vorgehensweise wissenschaftlicher Studien.
Gerade bei komplexen Multi-Faktor Methoden scheint Skepsis angebracht, kommen sie doch einer zwar regelbasierten, letztlich aber aktiven Selektion recht nahe, zumal auch Schätzungen zukünftiger Kennzahlen einbezogen werden: wenn diese Methoden darauf abzielen, die besten unter den ‚Value’-Unternehmen zu selektieren, kann dies kontraproduktiv sein. Denn ‚sehr gute' Krisenunternehmen sind eben nicht die 'wahren' Krisenunternehmen und dürften kaum die erhofften Renditen erzielen (vgl. Fama Jr., (1998)).
Value Indizes in der Indexfamilie von MSCI und Stoxx
MSCI nutzt seit 2003 ein Set von mehreren fundamentalen Kennzahlen, unter anderem auch Kennzahlen, die eine Schätzung der zukünftigen Entwicklung beinhalten (Schätzung zukünftiger Unternehmensgewinne). Da MSCI gleichzeitig danach strebt, dass sowohl der Value-, als auch der Growth-Index jeweils 50% der Marktkapitalisierung repräsentieren, ist die Ausprägung der jeweiligen Strategie relativ schwach. Fama/French (vgl. Kapitel Rendite stärken - Anomalien nutzen) hatten den Value-Effekt durch einen Vergleich der ‚billigsten’ 10% des Marktes mit den ‚teuersten’ 10% des Marktes nachgewiesen. MSCI hingegen stellt in ihren Indizes in etwa die ‚billigere’ Hälfte der ‚teureren’ Hälfte gegenüber.
Auf Grund dieser recht ‚milden’ Ausrichtung auf ‚Value’ kann eine Aktienposition ggf. auch komplett durch den entsprechenden MSCI ‚Value’-Index abgebildet werden (vgl. Kommer (2011)).
Stoxx bemüht für seine ‚Style’ Indizes ein komplexes Verfahren mit 6 Parametern (2 Kennzahlen beziehen sich auf Vergangenheitswert, 2 auf aktuelle Zahlen, 2 auf Schätzungen der Zukunft).
Es lohnt sich durchaus, die Datenbanken der Indexanbieter zu nutzen, und sich selber ein Bild von der Performance der Indizes zu machen.
Wo ‚Value’ drauf steht, ist nicht immer ‚Value’ drin
Was jeder Anleger auch selber tun kann, haben wir exemplarisch für die Stoxx-Indizes und die Regionen Europa und Euro-Zone für die 15 Jahre zwischen Ende 1997 und Ende 2012 gemacht: an Hand der Datenbank auf Stoxx.com die Performance der Value-Indizes verglichen.
Ergebnis: egal ob für Large Caps, Small Caps oder den Gesamtmarkt, der sogenannte Value-Index konnte seinen ‚unsortierten’ Vergleichsindex nicht schlagen (Basis €, Net Dividend).
Umso erstaunlicher: die Stoxx Select Dividend Indizes schlagen in jedem Größen-Segment ihren jeweiligen Vergleichsindex deutlich (Ende 1998 - Ende 2010). Selbst der Price Index (d.h. ohne Dividenden) des Stoxx Europe Select Dividend konnte noch den Price Index des Stoxx Europe schlagen. Heißt: Die Kennzahl ‚Dividendenrendite’ selektierte beim Stoxx Europe Index Unternehmen, die selbst nach Substanzverlust durch Ausschüttungen noch Wertsteigerungen oberhalb des Marktdurchschnitts erzielen!
Ergo: bei Stoxx-Indizes scheint das Kriterium ‚Dividendenrendite’ ein deutlich besserer Indikator für ‚Value’ zu sein, als der Multi-Faktor Ansatz der ‚Value’-Indizes.
Indizes mit alternativer Gewichtung
Eine andere Möglichkeit vom Small-Cap und Value-Effekt zu profitieren sind Indizes, die nach anderen Kriterien gewichten als der Marktkapitalisierung (vgl. Kapitel Intelligentes Indexing - Jetzt Reserven heben).
MSCI Indizes werden nicht nur nach Marktkapitalisierung berechnet (Market Cap), sondern auch gleichgewichtet (Equal Weight) sowie gewichtet nach Bruttoinlandsprodukt (GDP Weighted). Beispielsweise werden bei einer Gleichgewichtung kleine Unternehmen sowie Unternehmen, die aktuell nicht in der Gunst der Anleger stehen (und daher günstig sind), automatisch höher gewichtet.
Fazit
Ausgangspunkt für Auswahl des Aktienindex ist ein globaler Aktien-Indizes, wie beispielsweise der MSCI All Country World Index. Ist der Index konstruiert nach dem Prinzip der Gleichgewichtung (equal weight index), sind wesentliche Teile des Small Cap- und Value-Effektes bereits gehoben. Alternativ kommt ein Welt-Index gewichtet nach GDP in Betracht.
Stehen Equal Weight Indizes nicht investierbar zur Verfügung, lässt sich eine annähernd gleiche Performance mit marktkapitalisierungsgewichteten Indizes erzielen, indem 35-50% des jeweiligen Marktes in den entsprechenden Small Cap Index investiert werden.
Eine GDP-Gewichtung kann zudem simuliert werden, indem der kapitalmarktgewichtete Welt-Index ‚heruntergebrochen’ wird auf Indizes der Regionen Nord-Amerika, Asien-Pacific, Europa und Emerging Markets – welche entsprechend GDP gewichtet werden. Mehr geht (leider) nicht! Denn die Gesamtzahl der Positionen im Depot dürfte dann bereits 10 und mehr betragen.
Weiter zu den Indizes der nächsten Anlageklasse:
Den richtigen Anleihe-Index wählen
Oder gleich zu den ETFs, mit denen Aktien - Indizes investierbar werden:
Literaturhinweise
Kommer, G., 2011, Souverän investieren mit Indexfonds und ETFs, Campus Verlag, S. 187.
Fama, Eugene F. Jr., 1998, Asset Management: Engineering Portfolios for Better Returns, PTC Publishing.