Das Depot aufbauen
(Ein Überblick zu Schritt 5)
Unsere persönliche Anlagestrategie füllen wir nun mit den entsprechenden Investment-Produkten.
Für eine Effiziente-Geldanlage-Ohne-Wetten brauchen wir Anlageinstrumente, welche ganze Anlageklassen möglichst umfassend abbilden. Zudem sollten sie kostengünstig sein, sowie selber keine Wetten enthalten, d.h. wir verzichten auf den ‚Experten’, der verspricht in die jeweils chancenreichsten Titel zu investieren. Zudem sollten sie für einen unbegrenzten Zeithorizont zur Verfügung stehen aber trotzdem jederzeit erworben und verkauft werden können – auch schon für kleine Anlagebeträge.
ETFs - die idealen Bausteine für das Depot
Die idealen Bausteine für das private Depot sind sogenannte ETFs (engl.: Exchange Traded Funds). Bei ETFs handelt es sich um börsengehandelte (Index-) Fonds, wie der Namen schon sagt. Das Prinzip ist denkbar einfach: ETFs bilden eine Index, etwa den Dax oder den europäischen Stoxx möglichst genau nach, indem sie dessen Bestandteile in entsprechender Gewichtung erwerben (auch als ‚voll replizierende’ Abbildungsmethode bezeichnet). So erwerben Sie mit einem Anteilsschein an einem ETF auf den DAX schon für vielleicht € 50.- einen anteiligen Besitz an jedem der 30 größten Unternehmen Deutschlands. Auf aktive Fondsmanager, die vorgeblich die chancenreichsten Werte auswählen, wird bewusst verzichtet. Das hält die Kosten gering und schließt das Risiko von Fehlspekulation aus. Wie wir im Kapitel ‚Fonds – ihre wahre Performance’ gesehen haben, scheitern die meisten aktiven Fondsmanager bekanntlich daran, durch geschickte Auswahl der Einzelwerte eine Rendite zu erzielen, die ihre eigenen Kosten mehr aus ausgleicht.
Werden ETFs über die Börse gekauft, berechnet Ihre Depotbank lediglich die Kosten für Kauf und Verkauf von Wertpapieren über die Börse, d.h. ein Ausgabeaufschlag fällt nicht an.
Gerade in den letzten Jahren hat die Zahl der in Europa angebotenen ETFs stark zugenommen. ETFs sind heute für eine breite Palette verschiedener Anlageklassen verfügbar. Es gibt ETFs auf Aktien und Anleihen, Immobilien, den Geldmarkt und Währungen, sogar Alternative Investments wie Hedgfonds. Auch die Wertentwicklung von Rohstoffen und Gold werden nachvollzogen, in Form von ETCs (Exchange Traded Commodities). Anders als ETFs unterliegen ETCs allerdings dem Bonitätsrisiko des Emittenten.
Mit ETFs und ETCs haben wir somit genau die Instrumente, um unsere Anlagestrategie ‚Geld anlegen ohne Wetten’ optimal umzusetzen: kostengünstig, einfach und transparent. Sie streuen die Anlagebeträge marktbreit, gehen keine ‚Wetten’ ein und garantieren dem Anleger somit grundsätzlich die Rendite des entsprechenden Marktes. Da fast alle Anbieter von ETFs dem Anleger ein komplettes Angebot machen wollen, werden von fast jedem Anbieter ETFs auf die gleichen Indizes angeboten. Das sorgt für eine vorteilhafte Konkurrenzsituation: die Kosten sind gering und unterscheiden sich kaum, die Qualität der Indexnachbildung ist hoch.
Für private Anleger lohnt daher nicht unbedingt der Aufwand, nach dem besten ETF zu suchen. Vielmehr geht es darum wenige Fallen zu meiden. Denn was einmal einfach und transparent begann, ist inzwischen durch viele ‚Innovationen’ der Finanzbranche entstellt. Inzwischen gibt es auch ETFs, die mit den ursprünglichen Prinzipien nicht mehr viel gemeinsam haben.
Den richtigen Index wählen
Lohnender kann es sein, sich mit der Auswahl des ‚richtigen’ Index zu beschäftigen, welcher vom jeweiligen ETF nachvollzogen wird (vgl. Kapitel ‚Den richtigen Index wählen’). Wie Eingangs bereits gefordert, sollte der Index einen Markt möglichst umfassend abbilden. Die aus den Medien bekannten Indizes wie DAX, Stoxx, Dow, Nikkei etc. tun dies leider nicht. Die 30 Unternehmen des DAX repräsentieren nun mal nicht die Leistungsfähigkeit der gesamten deutschen Volkswirtschaft: der Mittelstand und zahlreiche erfolgreiche Familienunternehmen sind außen vor. Demgegenüber bietet beispielsweise die Firma Morgan Stanley mit seinen MSCI-Indizes eine ganze Familie in sich konsistenter, marktbreiter Indizes an. Am bekanntesten sind wohl der MSCI World Index (alle Industrienationen in einem Index) und der MSCI Emerging Market Index (alle Schwellenländer in einem Index).
Wer bei der Auswahl von ETFs wenige einfache Regel befolgt, kann im Grunde nicht viel falsch machen:
- ETFs auf bewährte, marktbreite Indizes unabhängiger Indexanbieter bevorzugen;
- große ETFs mit einem hohen Anlagevolumen sind meist besser zu kaufen und verkaufen, auch kostengünstiger;
- Wer zusätzlich noch darauf achten möchte, sollte sogenannten ‚replizierenden’ ETFs den Vorzug geben. Nur diese Fonds erwerben tatsächlich die Einzelwerte des Index. Das ist verständlicher, transparenter und sicherer als andere Methoden, mit denen die Wertentwicklung eines Index nachgebildet werden kann.
Wer allerdings ‚den besten’ ETF sucht, muss etwas mehr Aufwand bei der Auswahl betreiben. Ebenso derjenige, der sich für ein komplexeres Depot entschieden hat und beispielsweise vom Small-Cap-Effekt oder dem Value-Effekt profitieren möchte. (vgl. Kapitel ‚Reserven heben – mit kleinen Unternehmen und Substanzwerten zusätzliche Renditen erzielen’; vgl. Kapitel ‚Musterdepots – von einfach bis komplex’).
So können Sie sich selber helfen:
Bei der Suche nach einem geeigneten ETF hilft Ihnen ggf. auch Ihr Bankberater. Doch seien Sie sich bewusst: Banken empfehlen nur ungern ETFs, da sie von ETF-Anbietern keine Provisionen erhalten. Machen Sie den Test: Wenn Ihre Bank tatsächlich ‚an Ihrer Seite’ steht, ist sie Ihnen bei der Auswahl eines geeigneten ETFs/ ETCs behilflich. Wenn Ihnen ersatzweise Fonds angedient werden, und die Expertise der Fondsmanager in höchsten Tönen gelobt wird, wissen Sie warum.
Sie können einen geeigneten ETF auch leicht selber finden. Im Internet gibt es gleich mehrere unabhängige und kostenlose ETF-Datenbanken (z.B. ETF-Suche bei Extra-Funds.de). Selbst die Datenbanken einiger ETF-Anbieter beinhalten auch ETFs der Konkurrenz. Haben Sie ihren Favoriten gefunden, erteilen Sie Ihrer Bank schlicht einen Kaufauftrag zu Gunsten Ihres Depots.
Wann wie viel investieren?
Zuletzt die Frage, wann man am besten wie viel in seine Zielfonds investieren sollte. Auch hier gibt es einfache Methoden die helfen können, ein besseres Ergebnis zu erzielen.
Wer heute bereits investiert ist, kann jederzeit sein bestehendes Depot in seine neue Zielstruktur überführen. Grundsätzlich gilt: je früher umso besser. Denn man kann nie früh genug seine Portfoliostruktur professionalisieren und Kosten senken.
Wer derzeit über ein hohes Geldvermögen verfügt, welches angelegt werden soll, und zudem wenig erfahren ist, für diejenigen kann es vorteilhaft sein, sich nicht gleich mit einem Kopfsprung in die Fluten zu stürzen, sondern Schritt für Schritt vorzugehen. Der Grund ist folgender: wenn man ‚frisches Geld’ ausgerechnet im Börsen-Boom investiert, ist die zukünftig zu erwartende Rendite deutlich geringer, als wenn man sein Geld bei einer durchschnittlichen Bewertung der Börsen investiert oder gar während einer Krise. Doch gerade der Ungeübte dürfte kaum davon überzeugt sein, dass schlechte Börsenzeiten in Wahrheit gute Zeiten für zukünftige Renditen sind.
Am einfachsten ist die Methode, regelmäßig (monatlich, quartalsweise, …) über einen längeren Zeitraum jeweils einen identischen Betrag zu investieren. 3-4 Jahre sollten ausreichen, um eine hinreichende Streuung über Börsenphasen erreicht zu haben. Blickt man zurück, wird man feststellen, dass der durchschnittliche Preis aller Stücke sogar leicht unterhalb des mittleren Preises der einzelnen Perioden liegt. Dies deshalb, weil bei einem günstigen Preis automatisch mehr Anteile erworben werden, somit mehr Stücke mit einem günstigen Preis im Gesamtbestand enthalten sind. Diese Methode wird als Cost Averaging bezeichnet. Mit dieser Methode lässt man sich nicht von Börseneuphorie anstecken und man zwingt sich gleichzeitig, in der Krise weiterhin und sogar mehr Anteile zu kaufen.
Wer seinen Kapitalstock erst sukzessive aufbaut, dem wird es besonders leicht fallen, von diesem Effekt zu profitieren. Sparpläne, beispielsweise, investieren nach der Methode des Cost Averaging.
Etwas anspruchsvoller ist das sogenannte Value Averaging, welches daher nur der interessierte Anleger in Betracht ziehen sollte. Denn auch hinsichtlich des Investierens gilt: Disziplin und Regelmäßigkeit ist wichtiger, als die Finesse der Methode.
Wer mit Cost Averaging oder Value Averaging einige Jahre Erfahrung gesammelt hat wird erkennen, dass Markteinbrüche keineswegs ein Desaster sind, sondern ‚die Chance Ihres Lebens’ – wie es Warren Buffett, Investorenlegende und Protagonist des Value Investings, nennt. Erfahrene Anleger nutzen solche Gelegenheiten, einzelne Anlageklassen oder gar das ganze Zielportfolio komplett einzurichten. Im Crash investieren ist psychologisch zwar schwierig, doch im Grunde ganz einfach – jetzt ist alles ‚billig’. Und – Sie ahnen es bereits: Wir lieben das Einfache! Doch auch derjenige, der ein Cost Averaging diszipliniert umsetzt, muss sich in der Krise nicht grämen: begrüßen Sie das Auf und Ab an der Börse! (Verhindern können sie es sowieso nicht). Volatilität und Blasen, Übertreibungen der Märkte in beide Richtungen, können ein Turbo für Ihre zukünftigen Gewinne sein - was wir beim Thema Rebalancing und im Kapitel 'Was tun, wenn der Crash kommt' noch ausführlicher betrachten werden.
Sie sind nun am Ende von Schritt 5 und haben sich ausführlich damit beschäftigt, wie Sie Ihr persönliches Portfolio aufbauen können. Im letzten Schritt, Schritt 6, erfahren Sie, wie Sie Ihr Portfolio die kommenden Jahre auf Kurs halten und Ihre Strategie konsequent über viele Jahre verfolgen.
Den Überblick zu Geld-anlegen-ohne-Wetten fortsetzen und gleich weiter zum letzten Kapitel, dem
Überblick von Schritt 6: Das Depot managen – was ‚unterwegs’ zu tun ist
Oder einzelne Aspekte aus Schritt 5 vertiefen? Dann lesen Sie:
Über ETFs, ETCs und Indexfonds
Was Sie bei der Auswahl von ETFs und ETCs beachten sollten