Über ETF, ETC und Indexfonds
Bisher werden ETF (Exchange Traded Funds) und ETC (Exchange Traded Commodities) überwiegend von institutionellen Anlegern genutzt. Doch auch bei privaten Anlegern werden ETFs und ETCs zunehmend beliebter. Für Privatanleger sind ETF und ETC ideale Bausteine für ein gut diversifiziertes Vermögensmanagement. Doch was einmal einfach, transparent und kostengünstig begann, ist inzwischen durch zahlreiche ‚Finanz-Innovationen’ komplex und vielfach verwirrend.
Was sind Indexfonds?
Indexfonds sind Fonds, bei denen der Fondsmanager nicht selber die Titel nach eigenem Urteil auswählt, sondern sich darauf beschränkt, den Index eines Indexgebers abzubilden. Ziel ist es, dem Anleger möglichst exakt das Rendite-/Risiko-Profil des Vergleichsindex zu bieten. Hierzu werden die im Index enthaltenen Wertpapiere in identischer Gewichtung erworben, wie sie auch im Index enthalten sind. Der Anlagestil wird daher auch als ‚passiv’ oder als ‚indexing’ bezeichnet.
Was ist ein ETF?
ETFs (engl. Exchange Traded Funds, deutsch: börsengehandelter Fond) sind börsengehandelte Investmentfonds ohne Laufzeitbegrenzung, die einem bestimmten rechtlichen Rahmen unterliegen (EU-Fondsrichtlinie). ETFs sind an der Börse notiert und werden in der Regel über die Börse erworben und veräußert, können aber oft auch, wie Fonds, direkt mit der Fondsgesellschaft gehandelt werden. Ein ETF wird meist, aber nicht immer, passiv verwaltet, d.h. die Kapitalanlagegesellschaft beschränkt sich darauf einen Index möglichst genau nachzubilden. ETF-Anteile verbriefen, wie normale Investmentfonds-Anteile, ein anteiliges Eigentum an dem Fond. Das Vermögen des Fonds wird als Sondervermögen getrennt vom Vermögen der emittierenden Investmentgesellschaft geführt, und ist im Falle der Insolvenz der Investmentgesellschaft nicht Teil der Konkursmasse. Der Preis von ETF bildet sich an der Börse durch Angebot und Nachfrage, liegt aber aus Arbitragegründen normalerweise nahe beim Nettoinventarwert des Sondervermögens. Um einen liquiden Markt zu gewährleisten, werden ETF von sogenannten Market Makern betreut, die laufend Ankaufs- und Verkaufskurse stellen.
Da ein ETF in der Regel auf aktives Management verzichtet, fallen Verwaltungsgebühr und Transaktionskosten deutlich geringer aus, als bei aktiv gemanagten Investmentfonds. Werden Fondsanteile über die Börse gekauft, sind lediglich die Kosten für Kauf und Verkauf von Wertpapieren über die Börse zu entrichten, d.h. ohne Ausgabeaufschlag.
Was ist ein ETC?
ETCs (engl. Exchange Traded Commodities, deutsch: börsengehandelter Rohstofffond) sind Indexfonds auf Rohstoffe. Anders als ETFs verbriefen ETCs allerdings keinen Anteil an einem Sondervermögen, sondern sind, ähnlich einem Zertifikat, eine Art von Schuldverschreibung des Emittenten. Im Falle der Insolvenz des Emittenten ist das Fondsvermögen Teil der Konkursmasse.
Vom Investmentfond zum Indexfond und ETF – die historische Entwicklung
Der erste Investmentfond wurde bereits 1774 aufgelegt. Der Niederländer Adriaan van Ketwich reagierte mit seinem Angebot auf die erste europaweite Finanzkrise, ausgelöst durch den Zusammenbruch der schottischen Ayr-Bank, und bot so Anlegern die Möglichkeit, schon mit kleinen Beträgen in ein breit diversifiziertes Portfolio an Wertpapieren zu investieren. Seit 1929 gibt es Investmentfonds in den USA, seit 1950 in Deutschland.
Der erste marktbreite Index, der Dow Jones Industrial Index, wurde 1896 von dem Verleger Charles Henry Dow für das Wall Street Journal berechnet, indem er den Kurs der 12 wichtigsten Aktien der New York Stock Exchange addierte.
Die ersten Indexfonds starteten in den USA bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. In Deutschland wurde der erste ETF im April 2000 aufgelegt. Eigenschaften wie Transparenz, garantierte Marktrendite, weil ohne die ‚Wetten’ aktiver Manager, liquide und jeder Zeit handelbar, kostengünstig sowie mit Schutz des Kapitals bei Insolvenz des Emittenten haben ETFs zu einer attraktiven Fondskategorie gemacht. Doch es bedurfte erneut einer Finanzkrise, um ETFs hierzulande zum Durchbruch zu verhelfen: Als in 2008 die Pleite von Lehman Brothers vielen Anlegern bewusst machte, dass Zertifikate ein Emittentenrisiko tragen, ist die Nachfrage, aber auch das Angebot an ETFs, rasant gestiegen. In der Folge hat die Finanzbranche ihre Kreativität allerdings ebenfalls auf das ETF-Segment verlagert und zahlreiche ‚Innovationen’ hervorgebracht, die mit den ursprünglichen Werten nicht mehr viel gemeinsam haben.
Mitte 2012 sind rund € 240 Mrd. in ETFs angelegt, ca. 13% des gesamten Fondsvolumens von € 1,8 Bil.. Experten sagen ETFs in den kommenden Jahren weiterhin ein dynamisches Wachstum voraus. Waren es bisher vor allem institutionelle Investoren, so wird allgemein erwartet, dass in Zukunft verstärkt private Anleger zum Wachstum beitragen werden.
Das Angebot an ETFs heute – Das Anlageuniversum
Europaweit werden derzeit mehr als 1300 börsengehandelte Indexfonds angeboten, in Deutschland mehr als 1000. Da fast alle Kapitalanlagegesellschaften eine komplette Palette an ETFs anbieten wollen, werden von fast jedem Anbieter Fonds auf die gleichen Indizes angeboten. Dadurch sinkt zwar das Anlagevolumen und damit die Liquidität jedes einzelnen Fonds, gleichzeitig entsteht aber eine für den Anleger vorteilhafte Konkurrenzsituation. Auch ist das Anlageuniversum deutlich kleiner, als es die große Zahl zunächst vermuten lässt. Das Angebot ist aber immer noch hinreichend groß, dass auch der anspruchsvollere Anleger eine Indexing- Strategie umsetzen kann.
Durch ETFs ist heute eine breite Palette an Indizes investierbar, nahezu für alle Anlageklassen und Sub-Kategorien. Es gibt ETFs auf Indizes zu Aktien und Anleihen, auf Rohstoffe, Gold, Immobilien, den Geldmarkt und Währungen, sogar Alternative Investments wie Hedgfonds (vgl. Lamprecht, 2010; Picard/ Braun, 2011).
Trotzdem weist das Angebot noch Lücken auf: so gibt es beispielsweise kaum ETFs auf ‚gleichgewichtete’ Indizes. Weiter können keine ETFs verfügbar sein, wo das Index-Universum noch Lücken aufweist (vgl. vorangegangenes Kapitel ‚Den richtigen Index wählen’).
Physische ETFs vs. synthetische ETFs
Eine Kapitalanlagegesellschaft kann als Emittentin eines ETF zwischen verschiedenen Methoden wählen um die Wertentwicklung des zugrundeliegenden Index nachzubilden (vgl. Picard/ Braun, 2010, S. 47ff).
Bei einer physischen Nachbildung werden sämtliche Bestandteile des Index in der entsprechenden Gewichtung erworben, auch vollständige Nachbildung (engl. full-replication) genannt. Enthält der Dax-Index 10% Aktien der Deutschen Telekom, so hält auch der Dax-ETF 10% seines Sondervermögens in Aktien der Deutschen Telekom. Enthält ein Index sehr viele oder auch illiquide Einzelwerte, wird gelegentlich auf die Sampling-Methode zurückgegriffen: es wird nur eine (repräsentative) Teilmenge der Wertpapiere des Index physisch erworben, z.B. die Werte aus dem Index mit dem größten Gewicht und der besten Liquidität. Gerade bei großen Indizes, die mehrere hundert oder gar mehrere tausend Einzeltitel umfassen, kann die Sampling-Methode vorteilhaft sein. Die Genauigkeit der Abbildung des Indexwertes sinkt tendenziell; der sogenannte Tracking Error dürfte etwas größer sein. Dies kann aber auch bei synthetischen ETFs der Fall sein (vgl. Heidorn, 2010).
Bei einer sogenannten synthetischen Nachbildung garantiert ein Dritter, in der Regel eine Bank, jederzeit den Gegenwert des Index zur Verfügung zu stellen. Es werden sogenannte Swaps (engl. Tauschgeschäfte) im Sondervermögen gehalten: ein Leistungsversprechen eines Dritten. Swapgeschäfte definieren, wie zukünftige Zahlungsverpflichtungen berechnet, und wann sie fällig werden. Swaps sind oft einfacher zu handeln als die zu Grunde liegenden Basiswerte. Um aber im Sondervermögen nicht nur Leistungsversprechen zu halten, werden vom Swap-Partner vielfach Wertpapiere als Sicherheit zur Verfügung gestellt, die allerdings in keinem sachlichen Zusammenhang mit dem Index stehen müssen. So kann ein swapbasierter, besicherter ETF auf einen Aktienindex beispielsweise Aktien eines ganz anderen Landes oder ausschließlich Anleihen im Sondervermögen halten. Swaps gibt es somit in zwei Formen: besichert und unbesichert. Bei ETFs, die nach dem europäischen Fondsrechtsrahmen UCITS III aufgelegt sind, ist der Anteil unbesicherter Swaps auf maximal 10% des Fondsvermögens begrenzt. Mitte 2012 sind rund zweidrittel aller ETFs synthetisch.
Physischer ETF vs. synthetischer ETF – eine Einordnung
Mit allen Methoden kann grundsätzlich eine recht genaue Nachbildung der Wertentwicklung eines Index erreicht werden, gemessen durch den Tracking Error. Die physische Methode (Full-Replication-, aber auch Sampling-Methode) sollte die transparentere und unter Haftungsgesichtspunkten die sicherere Methode sein. Die physische Abbildung findet allerdings ihre Grenzen bei einer sehr hohen Anzahl illiquider Einzelwerte im Index bzw. dann, wenn Einzelwerte gar nicht frei handelbar sind. Durch die synthetische Indexnachbildung werden auch solche Märkte abbildbar. Weiter können mit der synthetischen Methode auch Brutto-Dividenden-Indizes abgebildet werden, wo ein physisch investierter Fonds nur die Netto-Dividende vereinnahmen kann. Außerdem können mit Swaps sowohl Steuervorteile, als auch technische Vorteile in Bezug auf die Geschäftsabwicklung erzielt werden (vgl. Lamprecht, 2010, S. 76ff).
Die synthetische Methode beinhaltet ein Ausfallrisiko in Höhe der unbesicherten Swap-Geschäfte sowie hinsichtlich einer kaum abschätzbaren Qualität der Sicherheiten bei besicherten Swaps. Selbst wenn die ersatzweise gelieferten Papiere täglich veröffentlicht werden, dürfte kaum ein Privatanleger die Bonität der im Sondervermögen gehaltenen Wertpapiere beurteilen können, geschweige denn den Aufwand betreiben, Veränderungen nachzuhalten. Kritisch ist in diesem Zusammenhang zu sehen, dass der Swap-Partner in der Regel die Muttergesellschaft des Emittenten ist. Wie werthaltig die Sicherheiten tatsächlich sind, zeigt sich wohl erst im Ausfallszenario (vgl. Heidorn, 2010). Kritisch wird zudem das systemische Risiko für die Finanzmärkte diskutiert, welches daraus entsteht, dass sich die Wertpapiere im Sondervermögen strukturell von denen im Index unterscheiden und dadurch eine Krise in dem einen Markt einen anderen Markt anstecken kann (vgl. Seubert/ Müller/ Weber, 2011).
Die physische Abbildung gilt als intransparent hinsichtlich möglicher Leihegeschäfte: die Emittenten können die im Sondervermögen gehaltenen Aktien ausleihen, z.B. an Hedgefonds, um Zusatzeinnahmen zu erzielen.
Im Gegensatz dazu werden einem physisch investierten Fonds die Netto-Dividenden (und teilweise auch andere Erlöse, beispielsweise aus Leihegeschäften) selbst dann gutgeschrieben, wenn er lediglich einen Preis-Index abbildet. So können diese Fonds durchaus ein besseres Ergebnis erzielen, als der Vergleichsindex.
Vorteile von ETFs
Vorteile gegenüber klassischen Fonds: bessere Handelbarkeit, geringere Kosten, höhere Transparenz, grundsätzlich immer die Marktrendite.
- ETFs sind börsengelistet und werden über die Börse gehandelt; der Ausgabeaufschlag entfällt.
- Nicht nur die Fondsgesellschaften können Anteile ausgeben oder zurücknehmen, sondern auch andere Handelspartner - sogenannte Authorized Participants (APs) oder Designated Sponsors.
- Auch untertags sind die Fonds zu ständig aktualisierten, indikativen Nettoinventarwerten handelbar, welche die APs oder andere Market Maker berechnen. Bei klassischen Fonds ermitteln die Fondsgesellschaften nur am Ende jedes Handelstages die Nettoinventarwerte.
- Keine Kosten für ein aktives Management; keine erfolgsabhängigen Vergütungen; i.d.R. keine Vertriebsprovisionen.
- ‚Ohne Wetten’: ETFs liefern grundsätzlich die Marktrendite; d.h., keine Überrenditen, aber auch keine Minderperformance durch aktives Management.
- Die im Sondervermögen gehaltenen Einzelwerte werden täglich veröffentlicht, statt nur einmal monatlich oder gar quartalsweise, bzw. in Halbjahres- oder Jahresberichten.
Vorteile gegenüber Zertifikaten: Insolvenzschutz
- Das Fondsvermögen wird als Sondervermögen gehalten und fällt bei Insolvenz des Emittenten nicht in die Konkursmasse (Insolvenzschutz).
- Investmentfonds und ETFs sind, anders als Zertifikate, von Gesetz her gezwungen, vereinnahmte Dividenden dem Anleger zu Gute kommen zu lassen. Dies auch dann, wenn der ETF lediglich einen Preis- bzw. Kurs-Index abbildet.
Risken bei Anlagen in ETF und ETC
Da ETFs und ETCs marktbreit diversifiziert sind, trägt der Anleger vor allem das aus dem jeweiligen Markt resultierende Marktrisiko. Neben dem Risiko der jeweiligen Anlageklasse (Marktpreisrisiko bei Aktien, Zinsänderungsrisiko und Bonitätsrisiko bei Anleihen) können spezifische Risiken wie Länderrisiken und Branchenrisiken hinzukommen. Ein Ausfallrisiko bei Insolvenz des Emittenten besteht bei ETCs, nicht bei ETFs. Ebenfalls besteht bei passiven ETFs und ETCs kein Managerrisiko. Der Tracking Error beschreibt das Risiko, dass die tatsächliche Wertentwicklung des ETFs und ETCs von der Wertentwicklung des Index abweichen kann, diese sowohl übertreffen, als auch unterschreiten kann. Replizierende ETFs können ggf. Risiken aus Leihegeschäften beinhalten, wenn der Fonds Zusatzerlöse durch Ausleihe der im Sondervermögen gehaltenen Wertpapiere anstrebt.
Bei swapbasierten ETF und ETC besteht gegenüber dem Swap-Partner ein Kontrahentenrisiko (Bonitätsrisiko). Unterliegt der Fonds der EU-Regulierung, ist das Kontrahentenrisiko durch die Begrenzung der Swaps auf max. 10% des Fondsvermögens begrenzt. Durch eine Besicherung der Swapverträge kann das Kontrahentenrisiko weiter verringert werden. Die gestellten Sicherheiten haben allerdings in der Regel ein anderes Risikoprofil, als der nachgebildete Index, was wiederum ein Risiko sein kann.
Die größten ETF - Anbieter
Der Anbieter Blackrock mit der Angebotsmarke ishares ist in Europa der größte Anbieter von ETFs. Die drei größten Anbieter Blackrock (ishares), Deutsche Bank (dbx-tracker) und Lyxor vereinigen ca. zweidrittel des ETF Marktes auf ihre Angebote.
Die größten ETF-Anbieter nach verwaltetem Vermögen
Stand Aug. 2012 | Mrd. Euro | Zuwachs 2012 | |
---|---|---|---|
Julius Bär | 5,3 | +14% | |
Blackrock (ishares) | 96,4 | +19% | |
Deutsche Bank (dbx-tracker) | 34,4 | +8% | |
Lyxor | 28,5 | +4% | |
Credit Suisse AM | 13,1 | +9% | |
Züricher Kantonalbank | 12,7 | +15% | |
UBS | 9,1 | +15% | |
Amundi | 8,1 | +25% | |
Source | 5,3 | +41% |
Lesen Sie weiter:
ETF und ETC in der privaten Geldanlage. Kriterien zur Auswahl des passenden ETF und ETC.
oder das Wissen weiter vertiefen:
Exkurs: Wenn sich der Index aktualisiert – Umsetzung im ETF und Effekt für den Anleger.
Literaturhinweise
Etterer, A., Wambach, A., Schmitt, H.R., 2004, Exchange Traded Funds, Die Investment-Revolution für Privatanleger! München: Finanzbuch Verlag.
Hehn, E., 2005, Exchange Traded Funds, Structure, Regulation and Application of a New Fund Class; Berlin, Heidelberg: Springer.
Heidorn, Th., Winker, M., Löw, C., 2010, Funktionsweise und Replikationstil europäischer Exchange Traded Funds auf Aktienindices; Frankfurt School of Finance & Management, Workingpaper No. 139, April.
Lamprecht, Ch., 2010, Exchange Traded Funds (ETFs): Darstellung, Analyse und Bewertung eines innovativen Finanzprodukts. Diplomica-Verlag, Hamburg.
Lang, St., 2009, Exchange Traded Funds - Erfolgsgeschichte und Zukunftsaussichten; Köln, WiKu-Wissenschaftsverlag.
Picard, A., Braun,G., 2011, Exchange Traded Funds (ETF) : Grundlagen, Funktionsweise und praktischer Einsatz. 2., aktualisierte Auflage. Finanz und Wirtschaft, Zürich.
Seubert, U., Müller, S., Weber, M., 2011, Die Risiken begrenzen, Die Bank, Dezember, S. 12-16.