Das ‚ABC’ erfolgreicher Geldanlage
– So viel sollten Sie wissen
(Ein Überblick zu Schritt 2)
Grundsätzlich kann man mit seinem Geld zweierlei machen: man kann es verleihen (Sparbuch, Festgeld, Anleihen) und erhält dafür einen Zins, oder man kann es investieren, d.h. man erwirbt Eigentum (durch Aktien an einem Unternehmen, an Immobilien, oder Rohstoffen), und partizipiert so an den Erträgen (Dividenden, Mieten) und der wertmäßigen Entwicklung des Eigentums.
Geld verleihen ist ein überschaubares Geschäft: die Periode bis zur Rückzahlung und der Zins sind von Anfang an festgelegt. Entsprechend weisen Anleihen, und erst recht Festgeld, grundsätzlich eine stetige, planbare Entwicklung auf. Es bleibt das Risiko, dass der Schuldner die Zinsen nicht begleichen und das Darlehen am Ende der Laufzeit nicht zurückzahlen kann.
Investitionen sind demgegenüber deutlich unsteter: je nach wirtschaftlicher Lage kann das Investment große Gewinne, aber auch Verluste erzielen. Entsprechend stark kann der Wert einer Investition schwanken. Einzelne Unternehmen bzw. einzelne Investitionen können äußerst erfolgreich sein, können aber auch total scheitern. Bei breiter Streuung der Investitionen unterliegt man zwar noch konjunkturellen Schwankungen. Mittelfristig profitiert man allerdings unmittelbar von den Erfindungen und Produktivitätsfortschritten einer stetig wachsenden Weltwirtschaft.
Geld zu investieren erzielt auf mittlere Sicht höhere Renditen als Geld zu verleihen, gerade wegen des Risikos von größeren Wertschwankungen (Risikoprämie des Unternehmers). Sonst würde jeder sein Geld nur noch verleihen. Und wer soll dann noch ein Einkommen erwirtschaften, aus dem unter anderem auch der Zins bezahlt werden kann?
- Risiko und Rendite sind unmittelbar miteinander verbunden. Es gibt keine zusätzliche Rendite, ohne zusätzliches Risiko – meistens jedenfalls.
Einer ungewissen Zukunft begegnet man am besten mit einem breit diversifizierten Portfolio.
Vielen Menschen dürfte es intuitiv einleuchten, dass man sein Risiko reduziert, wenn man sein Geld auf verschiedene Anlagen verteilt. Prof. Harry M. Markowitz hat 1952 mit der Modernen Portfoliotheorie die theoretischen Grundlagen des Diversifizierens beschrieben und 1990 für seine Arbeit den Nobelpreis erhalten. Er hat unter anderem gezeigt, dass durch eine geschickte Kombination mehrerer Anlagen das Risiko des Gesamtportfolios nicht nur reduziert wird, sondern dass gleichzeitig die Rendite erhöht werden kann. Je mehr Anlagen miteinander kombiniert werden, deren Wertentwicklung nicht vollständig parallel verlaufen (mathematisch: die nicht vollständig korrelieren), umso besser wird das Anlageergebnis.
So grundlegend die Erkenntnisse der Portfoliotheorie auch sind, die mathematischen Modelle zur Portfoliooptimierung führen interessanter Weise so gut wie nie zu ‚optimalen’ Portfolios. Warum? Weil alle Parameter, die erforderlich sind um ein optimales Markowitz-Portfolio zu berechnen, wiederum Prognosen über die Zukunft erfordern: es ist die zukünftige Rendite zu schätzen, die zukünftige Schwankungsbreite (Standardabweichung) und die zukünftigen Korrelationen von allen Anlagen! Schon geringe Schätzfehler bei der Rendite führen weit weg vom Optimum. ‚Wer Geld sicher anlegen will, muss eine unsichere Zukunft unterstellen (und prognosefrei diversifizieren)’ AnlegerCampusUnd überhaupt: derjenige, der Renditen hinreichend genau prognostizieren könnte, der braucht im Grunde gar nicht zu diversifizieren, sondern setzt besser alles auf die Anlage mit der höchsten Rendite (Buffett oder Markowitz - Konzentrieren oder Diversifizieren). Dem gegenüber sind Schätzungen in der Regel zu ungenau, führen nur durch einen Glückstreffer zum ‚optimalen Portfolio’. Vergangenheitswerte bieten zwar Anhaltspunkte, machen aber vor allem eine Aussage über die Vergangenheit.
Halten wir einen Moment inne und lassen diese Erkenntnisse sacken: Niemand kennt heute schon das optimale Portfolio von morgen. (Berater, die Ihnen ein ‚optimales’ Portfolio verkaufen wollen, sollten Sie meiden). Was optimal ist, wird sich erst in der Rückschau herausstellen. Dies gilt grundsätzlich auch für die hier beschriebenen effizienten ‚Portfolios ohne Wetten’. Aber auf Grund der Anlageprinzipien (keine Wetten auf eine bestimmte Zukunft - somit keine Fehlspekulation, geringe Kosten, breit diversifiziert) sollten effiziente ‚Portfolios ohne Wetten’ zumindest nie weit weg vom Optimum sein, egal was die Zukunft bringt.
- Diversifizieren, d.h. Anlagen kombinieren, die nicht vollständig miteinander korrelieren, erhöht die Rendite und senkt das Risiko im Vergleich zum Einzelinvestment.
- Wer diversifiziert (und damit unterstellt, dass die Zukunft unsicher ist), der sollte konsequenter Weise auch sein Portfolio prognosefrei, d.h. ohne Wetten auf eine bestimmte Zukunft, zusammenstellen. Bestimmte Anlagen auszuschließen oder zu bevorzugen macht nur dann Sinn, wenn man unterstellt, die Zukunft einigermaßen sicher voraussagen zu können. Dann würde aber eine Konzentration auf die besten Anlagen das bessere Ergebnis liefern.
Das macht erfolgreiches Geld anlegen so entspannend einfach:
Allein die strategische Asset Allocation zählt.
Die Professoren Brinson, Hood und Beebower (1986, 1991) zeigten in bahnbrechenden Studien, dass das Anlageergebnis fast ausschließlich von der sogenannten strategischen Asset Allocation abhängig ist. Die strategische Asset Allocation beschreibt, in welche Anlageklassen wie viel investiert wird. Eine Anlageklasse ist eine Gruppe von Anlagen der gleichen Gattung, z.B. die Gattung ‚Aktien’ oder ‚Anleihen’ oder ‚Immobilien’.
Aber auch diverse Untergattungen, wie beispielsweise die Aktien einer Region (Aktien Europa, Aktien USA…), können als Anlageklasse verstanden werden. Wie wir in Schritt 1 bereits gesehen haben, zeigen die Studien gleichzeitig, dass die gezielte Auswahl einzelner Titel (Titelselektion bzw. ‚stock picking’) und die Fähigkeit, den idealen Zeitpunkt für Kauf und Verkauf zu treffen (‚market timing’), nur einen relativ geringen Einfluss auf das Anlageergebnis haben. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es wäre durchaus vielversprechend, die richtige Anlage zur richtigen Zeit zu kaufen und wieder zu verkaufen. Das Ergebnis von Brinson u.a. zeigt aber, dass ganz offensichtlich die entsprechenden Methoden fehlen, um treffsicher die richtigen Titel zur richtigen Zeit zu identifizieren. Sonst wäre der Ergebnisbeitrag dieser Strategien in den Studien größer ausgefallen. Sie ahnen es bereits: Hier wird wiederum deutlich, dass selbst Profis nicht in der Lage sind, die Zukunft auch nur einigermaßen treffsicher zu prognostizieren. Die Kosten der ‚Renditejäger’ sind höher, als ihr Jagderfolg. ‚Wetten’ lohnt nicht – denn die Zukunft ist ungewiss, für jeden. Übrigens: Die Professoren Ibbotson und Kaplan bestätigen nochmals in 2000, dass 90% des Anlageerfolges von der Asset Allocation abhängig ist.
Für uns Privatanleger liegt in dieser Erkenntnis eine ausgesprochen positive Botschaft: Trotz allen Wissens und trotz aller Computerpower haben Finanz-Profis im Vergleich zum Privatanleger keinen grundsätzlichen Vorteil. Privatanleger müssen kein finanzwissenschaftliches Studium absolvieren um erfolgreich zu investieren, sie müssen nicht 10.000 Aktien und diverse Anleihe- und Rohstoffmärkte zeitnah verfolgen, sie müssen nicht täglich die Nachrichtenlage auswerten, sie können Börsenzeitungen getrost beiseite legen und Medien schlicht ignorieren. Denn diese Aktivitäten machen bestenfalls 10% des Anlageerfolges aus, verursachen aber einen immensen Aufwand. Sparen Sie sich die Zeit, sparen Sie sich die Kosten. Es lohnt sich nicht. Effiziente Portfolios-ohne-Wetten konzentrieren sich ausschließlich auf die Kombination der relevanten Anlageklassen: dies ist eine sehr überschaubare Anzahl verschiedener Anlagekategorien wie Aktien, Anleihen, Rohstoffe, Immobilien(-aktien) – womit wir bereits die wichtigsten genannt haben. Der oben vorgestellte Satz heißt also besser:
- Diversifizieren, d.h. Anlageklassen kombinieren, die nicht vollständig miteinander korrelieren, ist der Schlüssel zum Anlageerfolg.
- Den richtigen Einzeltitel (stock-picking) zur besten Zeit zu kaufen / verkaufen (market-timing), ist fast nie eine Erfolgsstrategie: Der Aufwand steht in einem äußerst ungünstigen Verhältnis zum tatsächlich erzielten Mehrwert.
Über längere Zeiträume betrachtet, zeigen Anlageklassen zudem eine gewisse Charakteristik, beschreibbar durch Eigenschaften wie, a) der Rendite, die sie erzielen, b) der Schwankungsbreite der Renditeentwicklung (gemessen als Standardabweichung oder Varianz), sowie c) das Verhältnis der Renditeentwicklung untereinander (eher parallel, eher gegenläufig, oder unabhängig voneinander; gemessen als Korrelation). Dem ‚Charakter’ der Anlageklassen haben wir ein eigenes Kapitel gewidmet. Denn derjenige Anleger, der die typischen Verhaltensmuster der Anlageklassen kennt und erkennt, sollte ein besserer Anleger ein.
Rendite stärken – Anomalien nutzen
Wer auch vor komplexeren Depots nicht zurückschreckt kann das Anlageergebnis weiter verbessern. Kleine Unternehmen erzielen, nicht in jedem Jahr, aber doch mittelfristig, eine höhere Rendite (der sogenannte Small-Cap Effekt), ebenso gering bewertete Substanz-Aktien (der sogenannte Value-Effekt). Ob diese höheren Renditen mit einem höheren Risiko einhergehen, ist in der Literatur umstritten. Da hier ggf. eine Ausnahme zu der Regel ‚Keine zusätzliche Rendite, ohne zusätzliches Risiko’ vorliegt, werden diese Effekte auch als Anomalien bezeichnet.
- Diversifizieren in Sub-Segmente, wie kleine Unternehmen und Substanz-Aktien, kann einen Diversifizierungsbeitrag leisten, vor allem aber die Rendite erhöhen.
Doch bevor wir konkret werden und die Depotstruktur entwickeln, gilt es, sich einige Gedanken zu seiner persönlichen Anlagestrategie zu machen. Wie man sein Vermögen diversifiziert, ist nicht unabhängig von den persönlichen Zielen, der Vermögenssituation, und beispielsweise von dem, was man selber als Risiko betrachtet. Diesen Fragen gehen wir in Schritt 3 – ‚Ihre persönliche Anlagestrategie’ auf den Grund.
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Überblick von Schritt 3 – ‚Ihre persönliche Anlagestrategie’
Oder einzelne Aspekte aus Schritt 2 vertiefen? Dann lesen Sie auf der nächsten Ebene:
Buffett oder Markowitz? Konzentrieren oder Diversifizieren?
Die Asset Allocation - Das macht die Vermögensanlage so einfach
Die Moderne Portfoliotheorie nach Markowitz
Der Charakter der Anlageklassen
Rendite stärken - Anomalien nutzen
Steuern optimieren